Was Chatbots für das Lernen tun können

Kürzlich haben wir ein Interview mit GoStudent-Gründer Felix Ohswald über den aktuellen Stand der Technologie für Chatbots, ihre Funktionsweise und Tipps für die Umsetzung geführt. Dies ist ein Auszug aus unserem aktuellen White Paper "Digital Learning Insights".

Chatbots sind derzeit in aller Munde. Ihre Anwendungsmöglichkeiten in der Personal­entwicklung sind vielfältig. So können Chatbots zum Beispiel eine gute Unterstützung im Onboarding sein, wo Mit­arbeitende viele standardisierbare Fragen haben. Gegenüber einem virtuellen Assistenten haben Mitarbeitende wahrscheinlich auch weniger Hemmungen, Fragen zu stellen. Bots können außerdem die Rolle eines Mentors oder Coaches übernehmen. Nach einem Training können sie durch Wissens- oder Reflexionsfragen Erinnerung und Lerntransfer fördern. Auch für die Verteilung von Performance Support können Chatbots eingesetzt werden.

Herausfordernd an Chatbots ist, dass man für automatisierte Antworten eine entsprechend große Datenbank an Antworten im Hintergrund braucht (mehr dazu im anschließenden Interview). Außerdem muss die Vertraulichkeit der eingegebenen Informationen gesichert sein. Man sollte alle Bot-Interaktionen für spätere Audits aufzeichnen. Damit das ganze zukunftsfähig bleibt, sollte ein Bot zudem beliebig erweiterbar sein.

Wir wollten mehr über diese sich noch stark entwickelnde Technologie wissen und haben Felix Ohswald interviewt. Er ist einer der Gründer von GoStudent, einer Tutoren­plattform, auf der Schüler Fragen zu ihrem Lernstoff stellen können und Antworten von einer Tutoren-Community erhalten. Die Plattform beruht auf dem Austausch zwischen „richtigen Menschen“. Neu dazugekommen ist nun ein Chatbot, Prof. Brain.

Felix Ohswald verrät uns, was hinter Chatbots steckt.

 

 LearnChamp: Hallo Felix. Danke, dass Du dir für das Interview Zeit nimmst. Kannst Du uns einen kurzen Überblick geben, wie Chatbots funktionieren? Was braucht man unbedingt, wenn man Chatbots umsetzen will?

Felix Ohswald: Ein Chatbot wandelt eine Eingabe in eine sogenannte „Absicht“ um. Jede Absicht ist mit einer Antwort verknüpft. Der Chatbot nimmt dann diese Antwort und sendet sie an jenen User, der die Eingabe getätigt hat, zurück. Die Idee ist die Simulation eines menschlichen Gegenübers.

Bei der Umsetzung muss man Regeln festlegen, nach denen die Eingabe in eine Absicht umgewandelt wird, z.B. einzelne Stichwörter und spezielle Satzstrukturen. Außerdem müssen die Antworten für diese Absichten vorab definiert werden. Hier ein Beispiel:

 

  1. Hey, wie geht's?

  2. Hey, alles klar?
  3. Hallo, was läuft?


Zuerst definiert man Regeln, nach denen diese 3 Sätze in die Absicht „Wie geht es deinem Gegenüber“ umgewandelt werden, anschließend formuliert man Antworten, „Hallo [Name], mir geht es heute richtig gut. Und dir?“.

Viele der Hauptanwendungen, die auch stark genützt werden, sind aber nicht nur eine Simulation eines menschlichen Gegenübers, sondern Chatbots, deren einzige Aufgabe die Filterung von Information ist, z.B. filtert der Chatbot nach guten Flugangeboten oder er verbindet dich mit einem passenden Menschen.

LC: Warum sind Chatbots für Lernsituationen besonders geeignet?  

FO: Aktuell sind Chatbots meiner Meinung nach noch nicht für das Lernen geeignet, da es ein zu komplexes Thema für eine vollständige Automatisierung ist. Eine Kombination aus automatischen und menschlichen Rückmeldungen, wie wir das bei Prof. Brain haben, halte ich für sinnvoller. Im ersten Schritt kann also der Bot Lernskills abfragen, im zweiten Schritt braucht es individuelle Unterstützung.

LC: Wie ausgereift ist die Technologie wirklich?  

FO: In der englischen Sprache sind die „Absichten“ mit Antworten schon deutlich besser verknüpft als beispielsweise in der deutschen Sprache. Ein Chatbot ist nur so gut wie die Datenbank aus Absichten und Antworten dahinter. Je größer und intelligenter diese Datenbank, desto besser der Chatbot.

LC: Welche Anwendungsbeispiele findest Du besonders gelungen? Für welche Themen sind Chatbots weniger geeignet? 

FO: Prof. Brain finde ich sehr gelungen ;-). Es gibt sonst Chatbots wie z.B. „NearGroup“. Diese verbinden Nutzer mit einer unbekannten Person, mit der man sich schriftlich austauschen kann. Nachrichten-Chatbots finde ich auch nicht schlecht, also Bots, die dir einmal täglich Nachrichten zuschicken. Das sind keine intelligenten Bots, aber grundsätzlich sehr komfortabel.  

LC: Was sollte man bei der Umsetzung von Chatbots unbedingt beachten?  

FO: Man braucht einen klaren Anwendungsfall. Das ist meiner Meinung nach eines der häufigsten Probleme. Es macht keinen Sinn eine Anwendung zu bauen, die niemand verwenden möchte, weil es länger dauert als selbst schnell danach zu googlen. Es braucht einen wirklich klaren Use Case, der hilfreich ist, keine einfache Aufgabe.  

LC: Sind Chatbots für alle Endgeräte und Themen geeignet?  

FO: Ja, für alle Endgeräte. Denkbar sind alle möglichen Einsatzgebiete: Digital Learning, HR, Banking, …  

LC: Vielen Dank, Felix, für deine Inputs!

 

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