In den vergangenen Monaten mehren sich bei uns die Anfragen zu xAPI, oder auch Tin Can API genannt. Immer mehr Authoring Tools führen diese neue Exportmöglichkeit ein und auch LMS Anbieter*innen werben mit diesem Schlagwort. Grund genug, sich die Einsatzmöglichkeiten von xAPI einmal genauer anzusehen.
xAPI ist, ähnlich wie SCORM, ein Kommunikationsstandard für E-Learning Content, der dafür zuständig ist, Abschlussinformationen an ein System zu übermitteln.
Nehmen wir als anschauliches Beispiel einen E-Learning Content zum Thema Brandschutz, der von allen Mitarbeitenden verpflichtend bearbeitet werden muss. Es muss daher gespeichert werden, ob der jeweilige Mitarbeitende den Content abgeschlossen hat.
Mit SCORM sieht dieses Beispiel so aus …
Ein Lernender öffnet einen E-Learning Content aus dem LMS und arbeitet ihn durch. Am Ende sendet das SCORM-Paket die Information an das LMS, dass der Content erfolgreich absolviert wurde. Was als „erfolgreich“ gewertet wird, kann individuell eingestellt werden, z. B. wenn 80% des Quiz erreicht oder alle Seiten des Kurses angesehen wurden.
Mit xAPI kann dieser Use Case viel flexibler aussehen …
Der Lernende öffnet den E-Learning Content beispielsweise durch einen Link in einer E-Mail, im LMS oder auf einer Webseite und bearbeitet ihn. Im Vergleich zu SCORM muss der Content also nicht zwingend aus dem LMS heraus geöffnet werden. Ein weiterer Unterschied ist, dass dank xAPI Lernfortschritte/Informationen direkt an beliebige, vorher definierte Stellen übermittelt werden und nicht erst mit Abschluss des Kurses. So kann z. B. festgelegt werden, dass Punktestände sofort nach Übungen gesendet und Kapitelabschlüsse bzw. die jeweiligen Lernzeiten direkt übermittelt werden. Es kann auch verfolgt werden, ob und welche Inhalte aus einem Downloadbereich heruntergeladen wurden oder ob ein Link zu einem YouTube Video auch wirklich angeklickt wurde. Welche Informationen übertragen werden, ist frei programmierbar. Im Gegensatz zu SCORM ist man also nicht auf einige wenige Statements eingeschränkt.
All diese Informationen werden in einem Learning Record Store (LRS, oder auf Deutsch Lern-Aufzeichnungs-Speicher) gesammelt und können z. B. an das LMS weitergeleitet oder anderweitig ausgelesen werden. Das LRS ist dabei ein unbedingt erforderlicher Bestandteil, um xAPI nutzen zu können.
Wofür bietet sich xAPI an?
Mit Hilfe des LRS lassen sich Lernerfolge und -prozesse genau analysieren und anpassen. Dadurch werden aber nicht nur die Überprüfungen der Lernenden granularer, sondern auch die Möglichkeiten für Adaptives Lernen vielfältiger. Adaptives Lernen bedeutet, dass Lernende genau die Inhalte zugewiesen bekommen, die sie gerade brauchen. Aufgrund der gezielten Rückmeldungen zu einzelnen Übungen/Seiten können so zielgerichtet und individuell weitere Inhalte und Ressourcen zur Verfügung gestellt werden.
Nehmen wir an, nach der Auswertung des LRS wird bei unserem Lernenden des Brandschutzkurses ersichtlich, dass die Übung zu den Arten von Feuerlöschern mehr als drei Mal wiederholt wurde. Dank dieser Erkenntnis könnte nun im LMS speziell für ihn eine Infografik oder ein PDF mit genaueren Infos freigeschalten werden.
Da xAPI nicht auf die Einbindung in ein LMS besteht, wird E-Learning generell flexibler. Learning Nuggets können so z. B. auch über E-Mails verteilt und Abschlüsse trotzdem mittels LRS getrackt werden. Auch offline Lernerfolge, wie abgeschlossene Seminare lassen sich aufzeichnen. Scannen die Lernenden nach dem Seminar z. B. einen QR-Code, kann dieser Fortschritt so auch im LRS festgehalten werden. In einem herkömmlichen LMS müssten solche Aktionen händisch eingetragen werden.
Was gibt es zu beachten?
Da xAPI sehr wenige Einschränkungen für die zu übertragenden Statements vorgibt, kann es sein, dass unterschiedliche Authoring Tools leider auch unterschiedliche Aussagen an das LRS übermitteln. Mit dem xAPI Profil cmi5 wurde aber bereits ein Schritt in Richtung Vereinheitlichung gesetzt.
Außerdem gilt es zu beachten, dass Daten auch aus dem LRS ausgelesen und in für uns verständliche Aussagen über den Lernfortschritt umgewandelt werden müssen. Manche LRS bieten solche Auswertungsansichten als integrierte Funktionen bereits an. Andere ermöglichen den Austausch der Daten mit LMS Systemen, die eine solche Übersicht und Auswertung möglich machen. Möchte man xAPI einsetzen, ist also immer zu prüfen, welches LRS eingesetzt werden soll und wie die Übertragung in andere Systeme funktioniert.
Bei einigen läuten beim Thema „Lernfortschritte genauer tracken“ wahrscheinlich auch schon die Alarmglocken. In vielen Unternehmen stellt das ein heikles Thema dar, vor allem im Betriebsrat, da viele Daten ausgelesen werden. Hier ist es die Aufgabe der E-Learning Abteilungen, mit den Möglichkeiten von xAPI verantwortungsbewusst umzugehen, die Vorteile aufzuzeigen und den Datenschutz mitzudenken. Wenn xAPI und das LRS als Sprungbrett für Adaptives Lernen gesehen wird und nicht als „Überwachung“, tun sich mit diesem Kommunikationsstandard viele neue Möglichkeiten auf.
xAPI hört sich interessant an? Dann seien Sie schon einmal gespannt auf den nächsten Blogbeitrag, in dem wir den technischen Hintergrund und weitere Einsatzmöglichkeiten beleuchten.