Sven Laux, Projektleiter beim Adapt Learning-Projekt, bei dem LearnChamp einer der „Official Collaborators“ ist, spricht darüber, wie der gemeinschaftlichen Ansatz bei der Entwicklung von Lernsoftware helfen wird, diese Programme im nicht-profitorientierten, öffentlichen Bildungssektor zu verbreiten – sowie auch in Entwicklungsländern, KMUs und kleinen Learning & Development-Teams. Außerdem darüber, wie Open Source-Entwicklungen die Berechnung von Arbeitsaufwand in Unternehmen verändern und wieso mehr Kunden Open Source-Lösungen in Zukunft in ihr Portfolio aufnehmen werden.
Es scheint, dass sich sowohl die Wahrnehmung als auch die Nutzung von Open Source-Lösungen in den letzten fünf bis zehn Jahren verändert hat – stimmt das?
Sven: Ja, das ist richtig. Im Fall unserer Responsive E-Learning Software Adapt ist es nicht anders. Als es möglich wurde, Lernmaterialien über Tablets und Smartphones zu konsumieren, mussten viele Kunden weg von Flash-basierten Lösungen hin zu mobile Learning. Sie mussten sie durch solche ersetzen, die sowohl auf Desktops als auch auf tragbaren Geräten funktionieren. Adapt ist frei verfügbar und löst dieses Problem. Es ist großartig zu sehen, wie es immer mehr verwendet wird und sich weltweit massenhaft verbreitet.
Kannst du einige Vorteile von Open Source-Lösungen für Kunden auflisten?
Sven: Adapt ist unter GPL v3.0 lizensiert. Das heißt, dass es gratis ist und dass es keine Lizenzgebühr für die Software selbst gibt. Jeder kann den Code nutzen und ihn an seine jeweiligen Bedürfnisse anpassen.
Es ist auch nicht gebunden an einen bestimmten Verkäufer. Das heißt, dass Kunden ihre eigenen Teams fortbilden können, um es zu verwenden, oder sie können einen Serviceanbieter ihrer Wahl nutzen. Sie müssen nicht die Firma nehmen, die die Software besitzt, wie es bei kommerziellen Programmen der Fall ist. Sie können den Serviceanbieter sogar wechseln, ohne das System ändern zu müssen. Das bringt viel Kontrolle, hält die Kosten niedrig und betont das gute Kundenservice.
Aber werden die Kosten nicht einfach verschoben – ist Arbeitszeit die neue Währung in der Entwicklung von Open Source-Lösungen?
Sven: Nehmen wir zum Beispiel Adapts Zusammenarbeit mit LearnChamp: Das Unternehmen hat seit 2014 Ressourcen in das Adapt-Projekt investiert und bis heute ist dafür aus dem Adapt-Projekt noch kein einziger Pfund an Geld geflossen. Stattdessen haben wir Zuwendungen in Form von Zeit und Arbeitskraft genutzt. Es ist also richtig, dass die Fähigkeiten und die Arbeitszeit der Menschen eine Währung im Open Source-Bereich sind.
Wo ist die Wertschöpfung und woher kommt letztendlich der Profit aus Open Source-Lösungen?
Sven: Beim Open Source-Projekt von Adapt selbst ist die Wertschöpfung unsere Gemeinschaft, die Anerkennung unserer Marke und die Fähigkeit des Projekts, der Gemeinschaft bei der Lösung eines bestehenden Problems zu helfen. In unserem Fall ist das die Zur-Verfügung-Stellung von Technologie für die Entwicklung von Responsive E-Learning-Materialien, die mobile Learning unterstützen. Das ist weiterhin der Grund, warum es uns gibt.
Wie erwähnt, haben wir es geschafft, dorthin zu kommen wo wir sind ohne dass Geld den Besitzer gewechselt hat. Und wir stellen erfolgreich eine Lösung für ein Problem zur Verfügung, das in der Branche weit verbreitet ist. Wir wissen, dass wir professionell arbeiten müssen und arbeiten hart daran, unsere gute Position zu halten. Unser weiterer Erfolg wird von unserer Fähigkeit abhängen, den Einsatz aus unserer Community und von unseren offiziellen Partnern richtig zu nutzen.
… und was ist das Erfolgsgeheimnis?
Sven: Eine gute Lösung für ein relevantes Problem zu haben, eine niedrige Eintrittsschwelle und eine freundlich, hilfsbereite Community/Gemeinschaft, die Adapt gerne weiterempfiehlt!
In diesem Stadium sind wir wirklich froh, eine florierende Community zu haben und Besucher aus mehr als 200 Ländern auf der ganzen Welt. Wir haben die bewusste Entscheidung getroffen, Besucher nicht zur Registrierung zu zwingen, um eine niedrige Eintrittsschwelle zu gewährleisten. Also wissen wir auch nicht ganz genau wie viel Adapt genutzt wird. Allerdings können wir sagen, dass Adapt sehr bekannt ist und dass bei diversen internationalen Branchenkonferenzen darüber gesprochen wird. Es ist auch toll, dass wir bereits einige Preise gewonnen haben.
Wir fühlen uns auf dem Weg zu unserer Vision bestätigt. Freundlich bleiben, sowie zugänglich und hilfreich für die Community – das macht viel aus. Wir freuen uns immer, wenn sich mehr Menschen und Organisationen beteiligen. Und wir haben uns verpflichtet, uns um unsere Botschafter zu kümmern.
Eine Frage, bei der sich viele Nutzer noch nicht sicher sind: Ist Open Source sicher?
Sven: Sicherheit ist eine generelle Sorge bei allen Systemen, egal ob Open Source oder kommerziell. Es ist ein Mythos, dass Open Source-Software generell weniger sicher ist als ähnliche kommerzielle Produkte. Jedes System sollte gründlich auf seine eigene Leistungsfähigkeit hin überprüft werden.
Es ist wahr, dass Probleme und Bugs bei Open Source-Lösungen leichter sichtbar sind. Aber gleichzeitig führt diese Sichtbarkeit bei einem gut organisierten Projekt dazu, dass das Problem schnell gelöst wird. Wie Eric Raymond in „Cathedral and the Bazaar“ sagt: „Wenn genug Augäpfel da sind, sind alle Bugs flach“. Konsumenten vergessen oft, dass die kommerziellen Systeme die gleiche Art von Problemen haben. Diese werden aber vielleicht nicht so schnell entdeckt und beseitigt wie das in einem sehr aktiven Open Source-Projekt geschieht.
In Open Source-Systemen haben Endverbraucher potentiell größere Kontrolle über die Sicherheit. Wenn Sicherheit zum Beispiel ein Anliegen ist, kann der Nutzer einen Sicherheitstest (Penetration Test) in Auftrag geben, der dann jene Bereiche aufzeigt, wo die Sicherheit verstärkt werden muss. So kann das größtmögliche Vertrauen in dieses bestimmte System erreicht werden – aber das ist bei kommerziellen Alternativen oft nicht erlaubt.
In jedem Fall ist es das Wichtigste, die Software auf dem neuesten Stand zu halten und sicherzustellen, das alle Patches für Bugs und Sicherheitslücken installiert sind. Meiner Erfahrung nach führen viel zu viele Nutzer nicht häufig genug ein Update durch, um ihre Systeme sicher zu halten.
Wird Adapt eine gratis, Open Source-Software bleiben?
Sven: Ja, auf jeden Fall. Unsere Lizenz schützt das Produkt davor, dass jemand den Code verkauft, aber man kann Services rund um Adapt anbieten. Zum Beispiel kann ein Entwickler sich für die Zeit bezahlen lassen, die er für die Entwicklung eines neuen Theme gebraucht hat. Oder ein E-Learning-Unternehmen kann die Entwicklung eines maßgeschneiderten Lernmoduls in Rechnung stellen. Aber der Adapt-Quellcode wird immer gratis und frei verfügbar sein.
Glaubst du, dass Open Source-Lösungen in Zukunft mehr genutzt werden?
Sven: Im Fall von Adapt hat es uns die Arbeitsteilung erlaubt, etwas zu schaffen, was keiner der Partner realistischer Weise in gleichem Ausmaß geschaffen hätte. Gleichzeitig haben wir damit einen Nutzen für die weltweite Learning & Development-Community geschaffen. Ich glaube mit Adapt haben wir ein Angebot kreiert, das jeder, der nach einem E-Learning-Autorentool sucht, zumindest in Erwägung ziehen muss. Es ist vielleicht nicht für jeden passend aber es sollte zumindest auf jeder Liste von möglichen Lösungen stehen – und es wird noch weiter verbessert und noch leichter zugänglich.
Es gibt einen eindeutigen Trend hin zu Open Source. Es wird beinahe überall eingesetzt – manchmal etwas mehr, manchmal weniger. In vielen öffentlichen Ausschreibungen müssen Open Source-Lösungen, wenn sie verfügbar sind, mittlerweile berücksichtigt werden. Wir stellen auch fest, dass führende Unternehmen Open Source anwenden und sogar ihren Code unter Open Source-Lizenzen teilen. Google, Facebook und NetFlix sind nur ein paar Beispiele. Außerdem gibt es viele sehr ausgereifte und stabile Open Source-Code-Bibliotheken (also Hilfsfunktionen), die jede Menge Zeit und Kosten sparen und überall im Internet zu finden sind.
Ist eine Responsive Software wie Adapt, für eine einheitliche Lösung, die Zukunft des E-Learning ... und wie muss es weiter „adaptiert“ werden?
Sven: Heute löst Adapt ein relativ grundlegendes Problem für E-Learning, es schafft die Möglichkeit, ein einheitliches Lernmittel zu schaffen, das eine intuitive und zweckmäßige Nutzererfahrung auf verschiedenen Gerätetypen bietet. Mobile Geräte werden nicht wieder verschwinden und dieses Problem sowie seine Lösung werden für das E-Learning für die vorhersehbare Zukunft relevant bleiben.
Bei Adapt konzentrieren wir uns derzeit das Autorentool weiterzuentwickeln, um es für nicht-technische Anwender einfacher zugänglich zu machen. Außerdem wollen wir viele geplante Features einbauen. Allerdings stoßen ein paar Partner bereits an die Grenzen dessen, was mit dem Lernmittel machbar ist. Einige Beispiele sind: Interaktive Videos, Gamification und Szenarien mit Verzweigungen.
Es ist auch sehr spannend, dass die Community xAPI-Tracking ausbaut, das in die Big Data-Denkweise und Datenanalyse in der Branche hineinverlinkt. Und dann gibt es das, was „Adaptives Lernen“ genannt wird: Wenn der Inhalt das Niveau des Lernenden abschätzen kann und sich dementsprechend anpasst. Das ist eine sehr spannende Zukunft!
Für mehr Informationen über die bisherigen Entwicklungsschritte von Adapt können Sie auch einige unsere Blog-Einträge zu Sven und seinen Projekten nachlesen:
https://www.learnchamp.com/blog/2015/07/adapt-update/
https://www.learnchamp.com/blog/2014/04/duerfen-wir-vorstellen-adapt-learning/
Testen Sie hier einen von LearnChamp mit Adapt erstellten responsive E-Learning Kurs:
http://adapt.learnchamp.com/community/demo/vienna/#/id/co-05